Conic Rose
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Jede Stadt hat ihren ganz besonderen Klang. Doch wie will man die spezielle Atmosphäre zum Beispiel von Berlin in Klang fassen? Die Berliner Band Conic Rose um den Trompeter Konstantin Döben hat eine Antwort gefunden und diese in die zwölf Songs ihrer Debüt CD gegossen. Man stelle sich vor, nachts um zwei mit dem Fahrrad durch die Straßen der Hauptstadt zu cruisen, allein mit dem spärlich flimmernden Neonlicht, kein Mensch unterwegs, hin und wieder mal ein Fuchs, der scheu die Fahrbahn überquert. Und doch ist da dieses permanente Grundrauschen, dieses versteckte Murmeln und Raunen, dieses Klirren von Glas und Flirren fließender Elektrizität, das verstohlene Rauschen der Bäume, der Reifenabrieb auf dem Pflaster und der eigene Herzschlag, der sich in der vermeintlichen Stille der Nacht zum treibenden Groove aufwirft. Hin und wieder wird dieser Einklang gestört vom Quietschen eines Autos, das auf der leeren Straße zu schnell die Kurve nimmt, dem gequälten Schrei einer läufigen Katze oder dem leeren Hohn eines Betrunkenen. Genau diese Stimmung beschreibt Conic Rose, ohne sich von ihr limitieren zu lassen. Denn in den Rausch der Metropole mischt sich auch immer die Sehnsucht nach der Ferne. Orte wie La Palma, Hamburg oder Braunschweig waren ebenso prägend für die Atmosphäre des Debütalbums der Band, auf dem sich düster tranquile Stadtfahrten mit entspannten, lichtdurchfluteten Momenten ablösen.
Die Musik von Conic Rose in eine gängige Formel zu bringen, ist nahezu aussichtslos. Je nach Gesichtsfeld könnte man es als Indie-Pop, Jazz, Ambient, Electronica oder einen seine eigenen Bilder evozierenden Soundtrack bezeichnen. Es ist alles zusammen und doch viel mehr als nur die Summe der aufgezählten Stilistiken. Konstantin Döben bezeichnet dieses Phänomen als Segen und Fluch zugleich. Doch das ist pures Understatement, denn gerade die Unverwechselbarkeit seines heiseren Trompetentons auf den tranquilen Klangflächen aus elektrischer und akustischer Gitarre, Keyboards, Bass und einem stoischen Schlagzeug, das den Einflüsse von J.S. Bach, Krautrock, Thom Yorke oder Bonobo in eine Klangästhetik überführt, die Assoziationen an Jon Hassell, Nils-Petter Molvaer oder Toshinori Kondos unvergessliche Band IMA weckt, macht ja das besondere Flair dieses Albums aus. „Heller Tag“ braucht kein Schlagwort, denn die Musik beschreibt sich selbst.
Die Zauberformel für Döben und seine Crew ist barrierefreie Offenheit nach allen Seiten. Schon nach wenigen Takten des Openers offenbart sich die Signatur der Band, die aber von Track zu Track immer wieder mit neuen Melodiebögen, Kontraktionen, Störgeräuschen und Umleitungen angereichert wird. Ursprünglich aus der Jazz-Tradition kommend, fand Döben den Weg in die Begleitband des Popsängers Clueso, die ihm ganz neue Perspektiven wies. „In der Clueso-Band lernte ich den Pianisten und Keyboarder Johannes Arzberger kennen“, erinnert sich der Trompeter, „und habe angefangen, mit ihm neue Sachen auszuprobieren. Er hat ein sehr gutes Produzentenohr, dem jede noch so winzige Kleinigkeit sofort auffällt. Beim gemeinsamen Produzieren merkte ich sofort, dass wir uns viel schneller unserer Vorstellung von Klang annähern konnten. Ich konnte den Ballast des Gelernten abwerfen und voll und ganz meiner Intuition vertrauen. Durch meine Erfahrungen in der Pop-Musik fasste ich den Mut, auch mit weniger komplexen Dingen in die Tiefe zu gehen.“
Abgerundet wird die Band durch Bertram Burkert an Gitarre, Bass und Synthesizern, Franziska Aller am Bass und Silvan Strauss am Schlagzeug. Für jedes einzelne Mitglied gibt es persönliche Gründe, warum Döben es in die Band holte. Von Johannes Arzbergers Stärken war schon die Rede. Bertram Burkert ist ein enger Freund, mit dem der Trompeter bereits im BuJazzO zusammen gespielt hat. Mit ihm verbindet er Konzentration und Tiefe. Er habe gar keine Wahl, als mit Burkert zu arbeiten, seufzt Döben fröhlich, weil der Gitarrist niemals etwas machen würde, hinter dem er nicht hundertprozentig steht. Er sorgt gewissermaßen für den Korrektiv in der Band. Von Franziska Aller hatte er keinen einzigen Ton gehört, bevor er sie in die Band einlud, doch er war von ihrer Persönlichkeit und Präsenz derart überwältigt, dass ihm auch in diesem Fall keine Wahl blieb. Und die Entscheidung war goldrichtig. Silvan Strauss schließlich bringt eine ganz eigene Vision vom Drum Sound ein.
So fokussiert die Soundkaskaden von Conic Rose klingen mögen, sind viele von ihnen nur ein einziges mal aus der Improvisation entstanden, eingespielt, mit den anderen Instrumenten angereichert und letztlich produziert worden. Nichts war vorbereitet. Die Band gab sich inneren Stimmungen hin, die sie nur hörbar machen konnte, indem sie sie spielte. Der Prozess bestand im perfekten Mischungsverhältnis von intuitiver Kalkulation und kalkulierter Intuition. Döben war es wichtig, mit dieser Band alles loszulassen, was er bis dato mit sich geschleppt hat. Conic Rose ist nicht zuletzt der glückliche Akt einer individuellen und kollektiven Befreiung. „Aus dem Jazz kommend, war es für mich mutig, etwas Einfaches und Zugängliches zu schreiben. Aber das war es, was ich fühlte und wohinter ich stehen konnte. Wie eine Rockband sitzen wir zusammen im Studio, irgendjemand nimmt etwas auf, die anderen geben ihren Senf dazu, und plötzlich wird etwas daraus. Manchmal muss man auch etwas eine Woche liegen lassen, bevor man weiter daran arbeiten kann. Und irgendwann wächst es zu einem Gesamtsound. Es war die Suche nach einer Essenz, der wir uns annähern, ohne sie jemals komplett zu berühren.“
Man hört oft von Musikern, dass sie ihre eigenen Produktionen nicht hören mögen. Bei Konstantin Döben ist es genau umgekehrt. Er hat mit diesem Album für sich selbst und die Welt etwas derart Fundamentales geschaffen, dass er es immer wieder hören, anderen vorspielen und teilen will. Aber gerade weil in der Musik so viel offen geblieben ist, die Fragezeichen die Punkte und Ausrufezeichen überwiegen, ist eben auch das Hören der Musik ein Prozess stetiger Annäherung, die immer wieder Neues offenbart. „Wir sind doch beim Spielen und Produzieren unsere ersten Hörer“, ruft Döben enthusiastisch aus. „Wir spielen genau das, was wir hören wollen. Warum sollte uns diese Lust an unseren eigenen Klängen später verloren gehen?“ Diese Lust am eigenen Klang ist auf „Heller Tag“ in jedem einzelnen Augenblick spürbar. Sie übersetzt sich in Bilder, deren eindringliche Beiläufigkeit auf der inneren Leinwand des hörenden Betrachters hängen bleibt und weiter lebtPresse
“[Eine] der talentiertesten und ambitioniertesten jungen deutschen Jazzbands“
– Jazz Montez, DE
“★★★★ Worked up via Bertram Burkert’s mournful guitar improvisations, the cut and thrust of city life seeps through this Berlin band’s teary debut. From the wistful vistasof Honeylake, filmic heartbreak of Uli to the wispy, held-in Chopin Rosé, its progressively playful tracks dabble with Hassell, Bach, Radiohead, hip-hop beats and woozy electronics, providing a masterful showcase for the mazy trumpet melodics and forlorn flugelhorn of Konstantin Döben.”
– MOJO, UK
“[…] ein Jazzabend oder vielleicht auch nicht und dennoch ein beeindruckendes Musikerlebnis.”
– Rheinischer Spiegel, DE
“CONIC ROSE macht ratlos: Weil sie in keine noch so bunte Genre-Schublade passen. Weil sie Klangwelten erschaffen, die teils ungehört, teils unerhört groß sind. Weil sie Hörerwartungen erfüllen, nur um sie dann wieder zu brechen. Weil sie ihre Zuhörer mit Tönen umgarnen und sie dann mit dem Wunsch nach mehr zurücklassen. […] Das klingt mal funky, ohne Funk zu sein, mal rockig, ohne Rock zu sein, mal jazzig, ohne Jazz zu sein. CONIC ROSE macht ratlos – aber glücklich.“
– Heilbronner Stimme, DE
“Jazz in jung hatte das Programm angekündigt und wenn sich die nächste Jazzgeneration durch solche Klangwelten auszeichnet, dann dürfen sich Liebhaber dieser musikalischen Stilrichtung weiterhin auf wahre Genüsse freuen. Dieses Quintett lässt sich in kein Genre einordnen, formte Töne wirr und dennoch verschmelzend. Gedanken verloren sich der Musik folgend, die zärtlich und kraftvoll, fast schon aggressiv, immer die Trompete des Vierseners Konstantin Döben in den Mittelpunkt stellte.”
– Rheinischer Spiegel, DE